Interviews mit Kaderathleten des Judo Clubs Hennef zur Zeit der Corona-Pandemie
Aufgrund der „Coronasituation“ musste auch der Judo Club Hennef vor 6 Wochen den gesamten Sportbetrieb einstellen. Für die Judoka bedeutete dies, ihr Training komplett auf Heimtraining umzustellen.
Marie Heeb
Marie ist aktuelle Deutsche Vizemeisterin und auf dem 1. Platz der weiblichen Rangliste des Nordrhein Westfälischen Judoverbandes.
Frage: Marie, wie war das für dich, als aufgrund der Coronakrise der gesamte Sportbetrieb eingestellt wurde?
Marie: Das war für mich irgendwie unwirklich und ich habe dies anfangs gar nicht richtig realisiert, weil ich mitten in der Wettkampfsaison war. Und ich habe mir natürlich Sorgen gemacht, wie lange kein Training und keine Wettkämpfe stattfinden werden. Alle Nominierungen für Europa Cups waren plötzlich hinfällig und jegliche Trainingsstruktur fehlte.
Frage: Was hat sich für dich geändert?
Marie: Ich mache jetzt täglich Heimtraining nach eigenen Trainingsplänen. Das bedeutet sehr viel Selbstdisziplin und optimistisch in die Zukunft schauen. Ich habe einen klar durchstrukturierten Tag und einen Wochenplan, der immer wieder angepasst wird.
Frage: Wie sieht dein derzeitiges Training aus?
Marie: Durch Ausdauer-und Intervallläufe arbeite ich an meiner Kondition, auch mit dem Rennrad bin ich jetzt öfter unterwegs und bringe somit Abwechslung in mein Konditionstraining. Ich mache Krafttraining mit der Langhantel, Kurzhantel und dem Medizinball. Judospezifisches Zirkeltraining mache ich sehr regelmäßig, dafür nutze ich zum Beispiel Terrabänder oder hänge meine Judojacke an das Treppengeländer im Haus. Einmal wöchentlich ist auch digitales Training mit dem Landestrainer.
Frage: Wer unterstützt dich derzeit beim Training?
Marie: Am meisten meine Familie, vor allem meine Schwester und meine Mutter.
Frage: Was wünscht du dir für die kommenden Monate?
Marie: Das bald wieder Training mit meinem Trainer Kamen Kasabow in Hennef stattfindet, sowie auch das Training im Bundesleistungszentrum Köln. Falls die restliche Wettkampfsaison in das zweite Halbjahr verlegt wird, wünsche ich mir so viel Trainingsvorlaufzeit, dass es faire Wettkämpfe werden. Ansonsten freue ich mich auf eine Wettkampfvorbereitung ohne Unterbrechung für das nächste Jahr.
Vielen Dank für das Interview Marie
Maxim Taran
Maxim ist aktueller Deutscher Meister in der Altersklasse der U 18 und kämpft bis 46 Kilogramm.
Frage: Maxim, wie war das für dich, als aufgrund der Coronakrise der gesamte Sportbetrieb eingestellt wurde?
Maxim: Ich war sehr traurig. Und auch irritiert, denn zu diesem Zeitpunkt war ich gerade in der aktuellen Wettkampfvorbereitung auf eines der größten Wettkämpfe in Deutschland. Das internationale Bremen Masters. Dort treten die besten Wettkämpfer der ganzen Welt an. Gewicht musste gemacht werden. Das war echt hart. Was nun, habe ich gedacht, fällt jetzt alles aus?
Frage: Was hat sich für dich geändert?
Maxim: Alles. Kein Training, keine Schule. Jetzt musste improvisiert werden. Und dazu musste ich mir einige Hanteln und Gewichte kaufen. Mein neuer Trainingsplatz ist momentan der Garten.
Frage: Wie sieht dein derzeitiges Training aus?
Maxim: Ich trainiere täglich zwischen 1 1/2 bis 2 Stunden. Meinen Trainingsplan habe ich mit meinem Vater zusammen erstellt. Montags und freitags mache ich ein Konditionslauftraining. Die anderen Tage baue ich Kraft auf. Ab und an findet aber auch ein eher leichtes Regenerationstraining statt.
Frage: Wer unterstützt dich derzeit beim Training?
Maxim: Meine Eltern und mein Bruder trainieren oft gemeinsam mit mir.
Frage: Was wünscht du dir für die kommenden Monate?
Maxim: Am meisten wünsche ich mir die Normalität zurück. Also gemeinsames Judotraining und Schule.
Vielen Dank für das Interview Maxim.
Alexander Neihs
Alex ist derzeit Deutscher Meister der U 21 (-81kg).
Frage: Alex, wie war das für dich, als aufgrund der Coronakrise der gesamte Sportbetrieb eingestellt wurde?
Alex: Ich war zu dem Zeitpunkt verletzt und konnte daher sowieso noch nicht auf der Matte mit meinen Kollegen trainieren. Trotzdem war es für mich eine Art Schock als ich dies hörte. Zuerst konnte ich nicht glauben, dass Sport verboten sein sollte!
Frage: Was hat sich für dich geändert?
Alex: Ich wollte eigentlich so langsam mein Techniktraining in Angriff nehmen und hatte mein Comeback auf der Matte geplant. Dazu braucht man Übungspartner. Das fällt jetzt weg und ich bin gezwungen, alles alleine zu Hause zu organisieren. Gott sei Dank hatte ich schon jede Menge Trainingsmaterial zu Hause. Von Judomatten über eine Hantelbank bis zu Trainingsbändern und Gewichten. Aber einiges musste ich mir trotzdem dazu kaufen. Auch eine Wurfpuppe habe ich mir angeschafft.
Frage: Wie sieht dein derzeitiges Training aus?
Alex: Hart! Zweimal täglich mache ich Muskelaufbautraining, hauptsächlich für den Oberkörper. Zusätzlich dazu gehe ich mehrmals in der Woche zur Reha nach Deutz. Diese kooperiert mit dem Olympiastützpunkt am Bundesleistungszentrum in Köln, so dass ich dort einige verletzte Judoka treffe. Dort werden spezielle Dehn- und Stabilisationsübungen für die Beine gemacht. Mit dem Konditionstraining kann ich jetzt so langsam erst starten. Momentan nutze ich dafür einen Hometrainer. Aber in 2-3 Wochen beginnt mein Lauftraining. Wenn es meine Zeit zulässt, nehme ich am Live Online Training mit meinem Landestrainer Andreas Tölzer teil.
Frage: Wer unterstützt dich derzeit beim Training?
Alex: Am meisten trainiere ich mit meinem Bruder und meiner Mutter. Hin und wieder kommt ein Freund vorbei. Zusätzlich unterhalte ich mich per Telefon mit meinem Heimtrainer Kamen Kasabov über „gute alte Zeiten“, um meine Motivation hoch zu halten.
Frage: Was wünscht du dir für die kommenden Monate?
Alex: Ich vermisse meine Freunde und Trainingspartner. Und ich wünsche mir, dass ich bald wieder auf Wettkämpfe und Trainingscamps gehen kann.
Vielen Dank für das Interview Alex.
Moritz Plafky
Mit Moritz Plafky hat der Judoclub Hennef zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Olympiastarter und ausgerechnet in diesem Jahr haben wir die Corona-Pandemie. Lange Zeit stand nicht fest, ob Olympia stattfinden wird. Seit klar ist, dass die Spiele um ein Jahr verschoben werden ist auch Moritz gezwungen, mit der Situation der Hallenschließungen umzugehen.
Frage: Moritz, wie war das für dich, als aufgrund der Coronakrise der gesamte Sportbetrieb eingestellt wurde?
Moritz: Es war ein sehr komischer Moment. Denn zu dem Zeitpunkt befand ich mich zur Wettkampfvorbereitung auf einem Trainingscamp in Georgien. Es war eine neue Situation und ich musste so schnell es geht nach Deutschland ausgeflogen werden. Hier hieß es dann, dass wir nicht mehr trainieren dürfen. Der Deutsche Judo Bund hat dann sehr schnell neue Reglungen für uns gefunden.
Frage: War dir bewusst, dass Olympia verschoben werden könnte?
Moritz: Ja, das war uns allen ziemlich schnell bewusst, denn man kann bei Olympia nicht ohne vorheriges Training kämpfen. Eine kleine Hoffnung blieb zwar, aber das hat sich ja dann erledigt.
Frage: Was hat sich für dich geändert?
Moritz: Ich habe jetzt Zeit, an meinen Defiziten arbeiten. Das heißt also, dass ich zurzeit sehr viel Krafttraining absolviere. Zu Hause natürlich. Außerdem bin ich nun seit Wochen an einem einzigen Ort, bei meiner Familie. Das habe ich sonst nie, weil ich immer mit der Nationalmannschaft in verschiedenen Trainingslagern unterwegs bin. Und es fühlt sich im Moment ungewohnt positiv an.
Frage: Wie sieht dein derzeitiges Training aus?
Moritz: Mein Heimverein, der JC Hennef, hat mir ca. 30 Judomatten zur Verfügung gestellt, auf denen ich in unserer Scheune trainieren kann. Zusätzlich dazu habe ich mich nun mit einer Langhantel und etlichen Gewichten ausgestattet. Demnächst erhoffen wir Judoka uns eine Lockerung, so dass wir zu zweit unser Training wieder aufnehmen können. Ansonsten mache ich auch noch viel Konditionstraining.
Frage: Wie trainiert die Männernationalmannschaft momentan?
Moritz: Sehr viel eigenverantwortlich über Trainingspläne, die der Bundestrainer individuell angepasst hat und mit Online/ Livetrainingsangeboten der Bundes-und Landestrainer. Wir erhoffen uns baldige Lockerungsmaßnahmen, dass wir wenigstens zu zweit Randoris (Übungskämpfe) trainieren können.
Frage: Bleiben die Olympianominierungen stehen für nächstes Jahr?
Moritz: Ja, bleiben sie. Aber wenn die Wettkampfsaison wieder startet, verlängert sich die Qualifikation, sodass 50% der Ergebnisse neu dazu addiert werden. So hat vielleicht jemand anders noch eine Chance auf Olympia 2021.
Frage: Was wünscht du dir für die kommenden Monate?
Moritz: Dass alle gesund bleiben und schnell wieder die Normalität für uns alle kommt.
Vielen Dank für das Interview Moritz.